Gerda Holzmann verbindet Wildkräuter mit Energetik
Dieses Interview mit Gerda Holzmann ist Teil einer Interviewreihe mit Frauen, die sich mit der Natur auch so verbunden fühlen wie ich. Ich spreche hier mit unterschiedlichen Frauen und ihren Zugang zur Natur und dem Leben.
Lebe deine wilde Natur & stärke deine wilde Natur!
Bitte stell dich uns vor und erzähl etwas über dich und deinen Werdegang?
Ich bin auf einem Bauernhof auf über 900 Höhenmeter im Waldviertel (NÖ) an der Grenze zum Mühlviertel (OÖ) aufgewachsen. Ich habe 4 Schwestern und bekleide in der Geschwisterfolge das Amt des Sandwichkindes. Unser Leben war stark geprägt vom Kreislauf der Natur, den wir als Kinder beim Mithelfen auf den Feldern und Wiesen hautnah miterleben durften. Zu unseren Tieren baute ich eine starke Beziehung auf, ich liebte es auf Bäume zu klettern und freute mich immer ganz besonders auf das Sonnwendfeuer im Dorf. Ich bin sehr dankbar dafür, derart naturverbunden und bodenständig aufgewachsen zu sein.
Das Kräuterwissen war jedoch kein Teil meiner Kindheit und Jugend. Die „Allheilmittel" meiner Oma haben sich auf Ringelblumensalbe, Arnikatinktur und Melissengeist beschränkt. (Mehr braucht es manchmal auch nicht ;) Es war auch sonst niemand in meiner Familie, der/die sich mit traditionellem Kräuterheilwissen auskannte. Als Sandwichkind fülle ich gerne Lücken. Und diese Lücke hat mich später magisch angezogen. Mein erstes Kräuterbuch kaufte ich nach reichlicher finanzieller Abwägung während meines Studiums. Es war für mich ein Augenöffner und wie eine Bibel für mich. Bald darauf folgten dementsprechende Zusatzausbildungen zur Dipl. Energetikerin und später zum Dipl. Wildkräuterguide.
Woher kommst du?
Das Waldviertler Hochland ist meine Geburts- und Wahlheimat. Meine Teenagerzeit habe ich in einer höheren Schule in Krems/Donau verbracht. In meinen frühen Zwanzigern habe ich in Wien studiert.
Mit 25 bin ich wieder ins Waldviertel zurückgezogen. Ich habe schon früh festgestellt, dass meine Seele die Natur braucht. Jeden Tag.
Welchen Job hast du gelernt?
Ich habe einen Bachelorabschluss in Anthropologie. Bevor mich die Kräuter in ihren Bann gezogen haben, widmete ich meine Aufmerksamkeit ganz dem Menschen und seiner Natur. Besonders faszinierten mich im Studium die körperlichen Funktionen und alles, was mit der menschlichen Geschichte und unsern Wurzeln in Zusammenhang stand. Der wissenschaftliche Zugang zur Natur ist für mich eine wichtige Basis. Diese Basis ergänze ich bei meinen Wissensvermittlungen noch mit traditionellen Überlieferungen und Gespür :)
Hast du dich immer schon für Natur und Kräuter interessiert?
Für die Natur im Allgemeinen ja, für Kräuter erst etwas später.
Du beschäftigst dich mit Kräutern und Wildkräutern - warum machst du das?
Ich war schon immer ein kränkliches Kind. Schon früh bin ich deshalb mit alternativmedizinischen und energetischen Methoden in Berührung gekommen. Schon als Teenager war mir klar, ich möchte einmal eine Ausbildung in dem Bereich machen. Ich wollte meine Gesundheitspflege selbst in die Hand nehmen und verstehen, was ich brauche, damit ich mich mich gesund fühle. Die Kräuter waren bei mir offen gestanden Liebe auf den zweiten Blick. Während meines Biologiestudiums begann ich mit einer Ausbildung zur holistischen Kinesiologin. Als energetische Mittel haben wir hier häufig Nahrungsergänzungsmittel angewendet. Ich hatte das Bedürfnis die Energetik mit etwas zu verknüpfen, das sich für mich lebendiger anfühlt. Als ich online über den Lehrgang Heilkräuter von Dr. Dieter Schaufler drüber stolperte, wusste ich sofort - that's it! Ich betrat am ersten Kurstag den Raum und fühlte mich sofort so, als wäre ich am richtigen Ort.
Wie bist du darauf gekommen dein Wissen weiterzugeben?
Mir ist es ein Herzensanliegen, den Wert und die Eigenschaften der heimischen Wildkräuter bei jeder nur verfügbaren Gelegenheit aufzuzeigen. Wir haben sehr kraftvolle Pflanzen vor unseren Haustüren. Sie haben aus meiner Sicht wieder mehr Beachtung und Platz in den Gärten verdient. Gängige Pflanzen wie die Brennnessel, der Löwenzahn oder die Schafgarbe können in manchen Eigenschaften locker mit importierten und getypten Superfoods und Heilpflanzen mithalten. Um auf die Schätze, die direkt vor unserer Nase wachsen, die so wichtig für uns sind, aufmerksam zu machen, gebe ich mein Wissen und meine Erfahrung gerne weiter. Dabei zitiere ich gerne Walther Rathenau:
„Das Schönste und Wunderbarste ist das Einfachste."
Was gefällt dir daran Workshops rund um das Thema Natur zu geben?
Wenn ich bemerke, dass der Funke der Begeisterung übergesprungen ist. Und wenn ich es schaffe, dass Gierschskeptiker:innen nach meinem Liebesgesang bereit sind, die Pflanze zu kosten :)
Ich biete Wildkräuterwanderungen im Raum Waldviertel an. Ich gestalte Onlinekurse und Live-Webinare. Meine Lieblingsthemen sind das traditionelle Kräuterwissen, das Räuchern und die Jahreskreisfeste. Ich bekomme oft zu hören, dass meine Wissensvermittlung sehr bodenständig, mit einer Portion Humor, garniert mit einer Prise Naturspiritualität wahrgenommen wird.
Wie schaut ein „normaler" Tag bei dir aus?
Bei weitem nicht so romantisch, wie man es sich für eine Kräuterfrau vielleicht vorstellen mag. Ich jongliere meine Anstellung als Leiterin des Qualiätsmanagements bei SONNENTOR, meine Veranstaltungen und energetischen Einzelsitzungen bei GrünKraft und meine Arbeit als Dozentin an der Mauritiushof Naturakademie. Außerdem bin ich Sektionsleiterin der Sektionen Wildkräuterguide und Natur-Energetik der Österreichischen Gesellschaft für Tiergestützte und Naturgestützte Therapie und organisiere ehrenamtlich einen monatlichen Regionalmarkt in Arbesbach (meiner Heimatgemeinde). Zusammen mit meinem Mann und meinen Schwiegereltern sorge ich für 4 Katzen, 7 Hühner und 4 Bienenstöcke, einen Garten und einen Acker.
Das hört sich jetzt sehr viel an und ja, das ist es auch :). Trotzdem fügt sich alles unter dem Schirm einer naturnahen und bodenständigen Lebensführung zusammen. Das ist mein Antrieb. Und die Früchte, die sich aus meinen vielen Tätigkeiten herauskristallisieren.
Bist du gerne in der Natur?
In der Natur fühle ich mich richtig zuhause. Ich kann abschalten und mich recht schnell wieder auf die wesentlichen Dinge im Leben besinnen, wenn das Kopfkino wieder mal zu bunt wird.
Hast du auch einen besonderen Lieblingsplatz oder Kraftplatz - wo bist du am allerliebsten?
Am liebsten bin ich an Flüssen im Wald. Bei uns fließt der Kamp, ein kleiner Fluss, der sich durch seine rötliche Färbung auszeichnet. An manchen Stellen umspült der Fluss Granitfelsen, auf die man klettern kann und das Wasserrauschen genießen kann. Der Höllfall nahe Arbesbach ist eine solche Stelle. Ich kann von meinem Dorf aus zu Fuß dort hin gehen. Den Weg nenne ich meinen persönlichen Pilgerweg.
Hast du ein Rezept für uns, das wir auch als „ungeübte" leicht nachmachen können und das unsere natürliche Gesundheit unterstüzt?
Mein liebstes Rezept aus Kräutern ist ein Sauerhonig (Oxymel). Da ich Hobbyimkerin bin, kann ich mit diesem Rezept auch meinen eigenen Honig verwenden. Am spannendsten schmeckt für mich ein Sauerhonig mit Wipferln.
Sauerhonig, auch Oxymel genannt, ist ein Getränk voller Kräuterkraft mit harmonisch ausgewogener Süße und Säure von Honig und Apfelessig. Dieser ultimative Stärkungstrunk ist seit der Antike bekannt.
Ich neige seit meiner Kindheit zu Atemwegserkrankungen. Meist ziehen sich diese etwas. Ich kann nicht länger als 3 Tage Sirup nehmen, da streikt mein Magen. Einen Wipferl-Sauerhonig als Alternative zum Wipferlsirup kann ich wochenlang nehmen.
Rezept
Bitte beachte beim Sammeln von Wipferl: Sammle nie zu viele von einem Ast und sammle nur von ausgewachsenen Bäumen mit über 3m Höhe! Du würdest sonst das Wachstum von jungen Bäumchen beeinflussen. Gerade weil man für einen Sauerhonig nicht große Mengen braucht, eignet sich dieses Rezept sehr gut für die Verarbeitung von Wipferln.
Zutaten
0,5l Apfelessig naturtrüb
1 kg Honig
2 Handvoll Wipferl (von Fichte, Tanne oder Kiefer)
Zubereitung
Mische den Apfelessig mit dem Honig, bis er sich vollständig aufgelöst hat. Gib die Wipferl locker in ein Glas. Übergieße sie bis zum Rand mit der Essigmischung. Verschließe das Glas und lass es 6 Wochen am Fensterbrett stehen. Regelmäßig schütteln. Dann in Flaschen abseihen.
Der Wipferl-Sauerhonig ist wohltuend bei Husten und Erkältung. Er stärkt dich von innen. Nimm pur 3xtäglich 1 Esslöffel oder verdünne ihn mit 1/8l Wasser.
Die Natur, Kräuter aber auch Nachhaltigkeit und Bio sind ja mittlerweile sehr im „Trend" - warum ist das deiner Meinung nach so?
Wir leben in einer hoch technisierten und schnelllebigen Gesellschaft. Wir konsumieren am laufenden Band und merken langsam, es erfüllt uns nicht nachhaltig. Die Auswirkungen unserer Lebensweise auf die Natur werden ebenso immer offenisichtlicher. Umweltverschmutzung, persistente Chemikalien in unserer Kleidung, auf unseren Feldern, in unseren Fortbewegungsmitteln, Klimaveränderung begleiten uns dauerhaft. Menschen, die das Gleichgewicht in der Natur wahren möchten, wissen, dass es anders gehen muss und auch anders gehen kann.
Die Natur ist klug, wir können von ihr lernen und mit ihr arbeiten. Der Schritt NACH VORNE in eine etwas bescheidenere Lebensweise, die weniger negative Spuren in unserem Umfeld und auf der ganzen Welt hinterlässt, ist der kluge Weg, der letztendlich „Überleben“ bedeutet.
Das ausbeuterische Handeln der reichsten Länder der Welt entwickelt sich momentan aus meiner Sicht zur evolutionären Sackgasse.
Diejenigen, die naturverbunden leben möchten, mit einem möglichst kleinen Fußabdruck (nicht nur CO2), sind schon dabei, sich weiter zu entwickeln.
Den Begriff „Nachhaltigkeit“ dürfen wir meiner Ansicht nach so oft hinterfragen, wie es nur geht, denn auch hier haben wir häuig schnelle Scheinlösungen für das Gewissen, ohne zu hinterfragen, welche Gesamtauswirkungen die Herstellung „nachhaltiger“ Produkte auf die gesamte Umwelt hat. Oder wie langlebig und reciclebar Produkte sind. Z.B.: ist ein neuproduziertes T-Shirt aus Bio-Baumwolle nachhaltiger als ein 0815 Shirt aus dem Second Hand Laden, welches noch 3 Jahre lang getragen weren kann?
Ich kenne die Antwort auf diese Fragen ebenso nicht, meine Lösung ist, meinen Konsum von Neuprodukten so weit wie möglich runter zu schrauben, und bereits produzierte Güter auch wenn sie nicht als „nachhaltig“ gelten, so lange zu verwenden, wie sie halten. Mein Smartphone habe ich seit mindestens 6 Jahren. Ich kaufe meine Kleidung weitestgehend aus zweiter Hand (egal welche Marken). Ich wasche Alufolie, wenn ich darin Lebensmittel eingepackt mit bekommen habe, ich mag Kunststoffsackerl viel lieber als Papiertüten, denn sie halten länger und werden mit viel geringerem Ressourcenaufwand produziert. Und ich fahre seit 10 Jahren den selben Kleinwagen mit 5l / 100 km und ich werde ihn so lange fahren, bis er mir unter den Füßen wegrostet (was leider schon begonnen hat ;))
Warum gibt es auch die Sehnsucht in uns wieder mehr mit der Natur verbunden zu sein und auch einfach zu leben?
Wir Menschen sind Teil der Natur. Es ist wissenschaftlich belegt, dass wir im Wald besonders gut entspannen können. Das Vogelgezwischer oder das Rauschen des Meeres oder eines Baches uns beruhigen. Dass der Blick ins Grüne oder ins Lagereuer den Stresslevel beachtlich reduzieren. Alles Elemente, die evolutionär in uns verankert sind. Die Natur ist unser zuhause. Die Sehnsucht nach Natur könnte man deshalb vielleicht auch als „Heimweh“ zu interpretieren.
Mehr über Gerda Holzmann findest du unter gruene-kraft.at. Sie ist ausserdem Autorin von 2 Büchern, die du hier in ihrem Shop finden kannst. Auch auf Instagram ist Gerda vertreten.
Weitere Interviews über tolle Frauen und ihren Zugang zur Natur findest du hier:
Karin von Naturspirit
Stephanie von Atempause
Susanne von Naturzauberwerke
Tina von die Kräutermacherei
Melanie von Mint
Anja von Gänseblümchen & Sonnenschein
Andrea von Fermentista
Andrea von Yoga Cuisine
Marlies von Quendelgrün
Christine von Textpoterie
Doris von Mit Liebe gemacht
Alex von Die Kräutermadame
Bianca von Naturespiritauraspray
Gerda von Grüne Kraft
Judith von Seelenzauber